Der Besitz von Erde - eine weise Geschichte

Kurze Geschichten die berühren, verzaubern, motivieren und inspirieren.

Der Besitz von Erde

Ein reicher Großgrundbesitzer war in die Jahre gekommen. Da er keine
eigenen Kinder hatte, wollte er sich bei seinen treuesten Arbeitern bereits
zu Lebzeiten für deren Dienste erkenntlich zeigen.
So hatte er auch einen zuverlässigen Verwalter, ohne den er es nicht so
weit gebracht hätte. Diesem gedachte er Land zu schenken, so viel er
sich nur wünsche. Die einzige Bedingung war, dass sein künftiges Land
in der Zeitspanne zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zu
Fuß zu umschreiten sei. Nur wenn er vor Sonnenuntergang wieder an
seinem Ausgangspunkt angelangt sei, würde ihm all jenes Land gehören.
Der Mann war zunächst überglücklich, da er sich bewusst war, dass er
keinen halben Tag brauchen würde, um das Land zu umschreiten, mit
dem er bis zu seinem Lebensende ausgesorgt habe. So ging er frohen
Mutes los, ohne Hast und Eile.
Doch plötzlich kam ihm der Gedanke, dass er solch eine Gelegenheit nie
wieder bekäme. Er dachte an den Reichtum, den er mit einem größeren
Grund erlangen könne, und seine Schritte wurden schneller.
Er malte sich aus, wozu er den neu erworbenen Reichtum verwenden
könne, und er begann zu laufen. Der Großgrundbesitzer ritt währenddessen
in einem gewissen Abstand hinter ihm her.
Der Verwalter prüfte stets den Stand der Sonne, um nur ja nicht den
Zeitpunkt seiner Rückkehr zu versäumen. So zog er seinen Kreis und
befand sich schon auf dem Weg zu seinem Ausgangspunkt. Da kam er an
einem See vorbei, in dem er immer so gerne gebadet hatte. Er begann zu
rennen, um sich auch diesen noch einzuverleiben. Sein Atem wurde zum
Keuchen und sein Hemd war längst bis auf die Haut durchgeschwitzt.
Kurz vor dem Ziel sah er noch das kleine Birkenwäldchen. Er warf einen
Blick zur Sonne und beschloss, dass er sich nur noch ein einziges Mal
abmühen müsse, dann könne er sein Leben in Saus und Braus genießen!
Da rannte er weiter, wie um sein Leben, um auch den Wald sein Eigen
nennen zu können.
Gerade noch rechtzeitig erreichte er den Ausgangspunkt. Überglücklich
schaute er auf seine neu erworbenen Ländereien.
Doch sein Herz war dieser enormen Belastung nicht gewachsen. Er brach
vor Erschöpfung zusammen und starb.
So blieb ihm nur noch ein winziges Stück Erde auf dem Friedhof, mehr
brauchte er nun nicht mehr.


Nach einer Erzählung

 

© Gisela Rieger; aus dem Buch "Geschichten die dein Herz berühren" ; ISBN 978-3-00-053788-2 (Wir nutzen die Geschichte mit freundlicher Genehmigung durch die Autorin. Danke!)

 

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"Der echte Name für Glück ist
Zufriedenheit."

 

Zitat: Henri Frédéric Amiel, schweizer Philosoph, 1821–1881